Ja das Trailrunning. In den letzten Jahren hat es einen regelrechten Hype erfahren, der nach wie vor anhält. Seien es diverse kleinere Trailrunningwettbewerbe oder aber die etablierten Größen: Alle verzeichnen mehr oder weniger steigende Anmeldungen. Aber Trailrunning ist nicht nur die Hatz nach neuen Bestzeiten im Wettbewerb. Es ist irgendwo ein Ausdruck des neu gewonnenen Bewusstseins für Regionales und Naturverbundenheit. Gepaart mit der Tendenz zu einem bewussteren Umgang mit seinem Körper deckt sich dieser Sport sehr stark mit dem aktuellen Lifestyle. Doch wie kommt man dazu, einen ganzen Berg hoch zulaufen? Dieser Frage hab ich mich in der Anfangsphase des Öfteren stellen müssen. So eine richtige Antwort darauf habe ich nach wie vor nicht parat. Aber vielleicht ist das auch genau der Charme, den dieser Sport aktuell so beliebt macht. Es gibt kein enges Regelkorsett, in das man sich zwängen müsste. Wie, wo und in welchem Tempo ich auf dem Trail unterwegs bin bleibt mir überlassen. Diese elegante Überleitung bringt mich zu Punkt 1 der Liste, die ich euch nach einigen Kilometern auf den Trails im Berchtesgadener Land und dem Chiemgau gerne mit auf den Weg geben möchte.
1. Erlaubt ist, was gefällt
Wenn du mit dem Trailrunning beginnst, solltest du dich zuallererst mal in deiner ganz persönlichen Komfortzone befinden. Du bist bisher nur maximal 8 Kilometer auf der Teerstraße gelaufen und bei der leichtesten Steigung schon im nächsten Sauerstoffzelt verschwunden? Kein Problem. Trails lassen sich überall finden. Wieder gibt es keine Definition, aber prinzipiell mal ist alles was keiner befestigten Straße gleichkommt ein Trail. Auch meine Wurzeln liegen in einer kleinen Wanderroute durch den Wald zwischen Oberteisendorf und Teisendorf.
Ein flacher Trail hat zudem viele Vorteile: Du kannst deinen Laufrhythmus leichter finden, die Verletzungsgefahr ist geringer als z. B. im Downhill und du bekommst ein Gefühl dafür wie dein Körper auf den neuen Untergrund reagiert. Hast du ein Gefühl für das Laufen auf dem Trail entwickelt kannst du dich langsam aus deiner Komfortzone herauswagen – erst dann wirst du in den vollen Genuß des Trailrunnings kommen. Aber wie unterscheidet sich denn jetzt das Laufen auf dem Trail in der Realität wirklich vom Straßenlauf – was ist konkret anders?
2. Die Technik im Crashkurs
Du wirst schnell merken, dass auf dem Trail so einiges anders ist als auf der Straße.
Für alle, die bisher nach bestimmten Kilometerzeiten gelaufen sind, gibt es nun eine Änderung: Don’t do it. Das Terrain ändert sich mitunter im Sekundentakt, eine feste Geschwindigkeit ist meist einfach nicht sinnvoll. Das schließt allerdings nicht aus, dass du trotzdem deinen Flow finden kannst.
Und das schließt vor allem eines NICHT ein:
Technik-Tipp #1
Auch wenn es Trailrunning oder Berglauf heißt – du musst nicht immer laufen! Vielleicht ist das sogar die Quintessenz dieses Beitrags. Speziell beim Bergauflaufen ist es ab einer gewissen Steigung ineffizient ständig einen Fuß in der Luft zu haben. Dann lieber zum Speedhiking wechseln und – wenn vorhanden – mit beherztem Stockeinsatz auch mal die Arme in Anspruch nehmen.
Technik-Tipp #2
Passe die Schrittfrequenz dem Trail an. Ohje – eine derart bedeutungsschwangere Aneinanderreihung von Worten in Bezug auf Trailrunning war so nicht beabsichtigt.
Aber Eins nach dem Anderen. Je nachdem ob es gerade bergauf, geradeaus oder bergab geht hat eine erhöhte Schrittfrequenz nämlich unterschiedliche Vorteile.
Bergauf
Je steiler das Gelände, desto kleiner werden die Schritte und damit steigt die Schrittfrequenz. Das rührt daher, weil dich ein großer Schritt mehr Kraft kostet als zwei Kleine – Punkt. Glaubst du nicht? Da ich kein Sportmediziner bin und nur Praxiserfahrung vorweisen kann, musst du mir jetzt entweder glauben oder du beschreitest die nächste Tour im Halbspagat und lernst es auf die harte Tour. Dann aber nur mit Video und einem ausführlichen Interview im Nachgang.
Geradeaus
Nunja: So wirklich gemütlich geradeaus geht’s zwar schon ab und an – manchmal führen Trails einfach über befestigte Kieswege – aber hier liegt ja nicht die Schwierigkeit. Interessant wird es, wenn der Trail sich nicht entscheiden kann was er will. Geht’s rauf, geht’s runter? Mit Wurzeln, großen oder kleinen Steinen? Ein bisschen Erde oder Gras? Und das natürlich nicht an der Schnur gezogen, sondern mit mehr Kurven als einem manchmal lieb ist (Stichwort Flow).
Genau hier musst du deinen individuellen Sweetspot finden. Ist der Weg mit Wurzeln übersäht, die Strecke unübersichtlich oder bietet der Untergrund nicht den gewünschten Halt? Dann setze einfach öfter den Fuß auf den Boden. Damit kannst du im Zweifel wesentlich schneller reagieren und du minimierst die Gefahr einer Sprunggelenksverletzung, da du beim Umknicken die Energie sofort über den anderen Fuß abführen kannst.
Bergab – der Downhill
Hier ist die hohe Schrittfrequenz am wichtigsten! So ziemlich jeder, der schon einmal auf dem Berg war kennt es: Eine lange, anstrengende Tour und auf dem Gipfel oder der Alm unterhalb noch etwas die Aussicht genossen… Aber irgendwann muss man ja auch wieder runter vom Berg. Hier beginnen dann leider oftmals die Schmerzen – oder zumindest zwickt‘s irgendwo im Knie oder im Fuß oder sonst wo. Bergab gehen ist kein Zuckerschlecken. Punktuell können hier Kräfte bis zu einer Tonne auf Gelenke, Bänder und Sehnen wirken. Wer hier dauerhaft Fehler macht, der riskiert seine Gesundheit. „Und ich soll da jetzt runterlaufen und noch mehr Last auf den Bewegungsapparat bringen?!“ denkt sich vielleicht der ein oder andere. Jap – aber wenn dann bitte richtig. Wer den Berg in kleinen Schritten hinab tippelt, vermeidet die Belastungsspitzen im Knie und Co. Hinzu kommt, dass ihr mehr eurer potenziellen Energie (Lageenergie) in kinetische Energie (Bewegungsenergie) umwandelt – anstatt die Energie über eure Muskeln, Bänder und Sehnen in Wärme umzuwandeln. Mit der richtigen Technik kann es also für Euch sogar besser sein, den Berg hinabzulaufen als zu gehen. Die Berghasen haben diesem Thema einen ganzen Artikel gewidmet – wen das Thema interessiert der folgt einfach diesem Link: Berghasen – Knieschmerzen vorbeugen
Aber Vorsicht: Bergablaufen will geübt sein und kommt nicht von heute auf morgen! Starte mit kurzen, nicht zu steilen Passagen und steigere dich langsam.
Technik-Tipp #3
Bisher ging es vorrangig darum, wie ich was wann mit meinen Beinen anstelle. Die machen das aber in der Regel nicht von alleine, sondern werden von deinem Hirn angesteuert. Und das ist auf Dauer mindestens genauso anstrengend.
Hinter die Ohren schreiben: Konzentrieren! Es klingt genauso banal wie es absolut essenziell und – auch wenn sich das nach Clickbait anhört – überlebenswichtig ist. Wer auf dem Trail unkonzentriert ist, der wird früher oder später stürzen und mindestens ein schmerzhaftes Erlebnis mehr erlebt haben. Für die Konzentration unerlässlich ist natürlich bei längeren Trails ausreichend zu trinken (am besten Wasser) und etwas zu beißen. Hier bieten sich Snacks mit einer hohen Energiedichte wie Riegel, Studentenfutter oder Ähnliches an.
Zusammengefasst kann man sagen, dass Trailrunning ein absoluter Ganzkörpersport ist. Selbst gute Läufer oder erfahrende Berggeher sollten sich langsam heranwagen und dann steigern. Wie bei jeder Sportart fordert Trailrunning einen ganz bestimmten Mix aus Muskelkraft, Koordination und Kondition.
3. Nimm Rücksicht auf Dich
Wenn du gerade erst mit dem Trailrunning begonnen hast bist du sicher ziemlich gehypt. Neue Schuhe, neues Outfit und die Sonne scheint bei 25 Grad. Da vergisst man gerne mal, dass man die letzten 3 Tage schon 20 oder 30 Kilometer unterwegs war. Motivation ist gut, aber davon kann sich dein Körper leider nicht regenerieren. Nach den ersten längeren Touren wirst du mit heftigem Muskelkater in den Oberschenkeln und im unteren Rücken zu kämpfen haben. In den Oberschenkeln auch deshalb, weil die exzentrische Belastung auf den Muskel (Diese entsteht beim Bremsen) normalerweise selten mit solcher Intensität und Dauer ausgeführt wird.
Der untere Rücken kommt deshalb unter die Räder, da du beim Bergauflaufen mit dem Oberkörper von ganz alleine vorne überkippst.
Doch auch alle anderen Muskelpartien sind irgendwie involviert und wollen sich erstmal an die neue Belastung gewöhnen. Gibst du ihnen nicht genügend Zeit sich zu regenerieren und auszubilden werden sie bei einer erneuten Belastung relativ schnell ermüden. Das geht vor allem bei kleineren Muskelgruppen relativ schleichend und unbemerkt von statten. Die Belastung wird dann aber mehr und mehr von den Gelenken, Bändern und Sehen abgefangen. Das mag einige Kilometer gut gehen, aber es wird sich rächen. Gönne deinem Körper also lieber einen Tag mehr Pause. Ideal wäre es natürlich, wenn du dich aktiv erholst. Also in niedriger Intensität irgendeine andere Aktivität ausübst, schwimmen zum Beispiel.
4. Nimm Rücksicht auf deine Umgebung
Natürlich weiß das jeder: Was man den Berg hinaufträgt, muss auch wieder heruntergetragen werden – abgesehen von den Pfunden auf der Hüfte die man loswerden will. Leider sieht die Realität manchmal anders aus. Nehmt euren Müll wieder mit ins Tal und entsorgt ihn entsprechend. Zu einem rücksichtsvollen Umgang mit deiner Umgebung gehört aber noch mehr. Ich meine damit auch den Berg und die Flora und Fauna zu respektieren.
Bleib auf dem Weg und verlasse ihn nur, wenn er z.B. blockiert ist. Damit dringst du nicht unnötig in den Lebensraum der Tiere ein und zertrampelst nicht aus versehen ein zartes Pflänzchen. Ohnehin finde ich es unklug sich abseits der bekannten Wanderwege zu bewegen. Verletzt du dich irgendwo im nirgendwo, dann beschreib den Rettungskräften erstmal deinen Standort. Selbstschutz als Umweltschutz – wenns nur immer so einfach wäre!
Weiter im Thema Selbstschutz: In hohem Tempo sollte der Blick natürlich auf den Trail gerichtet sein. Hin und wieder lohnt sich aber ein Blick gen Himmel. Selbst wenn du dich im Vorhinein gut über die Wetterlage erkundigt hast – was du tun solltest. Ein lokales Wärmegewitter in den Bergen ist im Sommer immer möglich und wer einmal an so einem Event teilgenommen hat, der will so einem Schauspiel normal kein zweites Mal beiwohnen. Im Zweifel lieber umkehren oder Schutz in einer Hütte o.ä. suchen.
Und zu guter Letzt: Wir sind nicht alleine am Berg unterwegs. Ein herzlicher und rücksichtsvoller Umgang miteinander gehört für mich einfach dazu. Konkret heißt das zum Beispiel beim Bergauflaufen dem Vordermann nicht direkt im Nacken zu sitzen. Einfach das Tempo rausnehmen und einen kurzen Moment warten. Mit 99,9%iger Wahrscheinlichkeit wird er oder sie dich an der nächstbesten Gelegenheit vorbeilassen. Wenn es dir wirklich auf jede Sekunde ankommt, dann musst du entweder zu anderen Zeiten oder an anderen Orten laufen!
Kannst du diese kleine Verschnaufpause verschmerzen (oder sogar gut gebraucht ) sind alle weniger gestresst – und wer will schon gestresst am Berg sein. Niemand.
Auch im Downhill solltest du „auf Sicht“ laufen. Je nach Untergrund und Streckenbeschaffenheit erreichst du schnell ein beachtliches Tempo. Einfach mal so den Stachel reinzuhauen ist dann nicht mehr möglich… Du solltest immer so den Berg hinablaufen, dass du aus eigener Kraft einen Zusammenstoß mit einem Anderen vermeiden kannst. Wer den Anspruch stellt, sein Gegenüber sei mitverantwortlich an einer Kollisionsvermeidung der sollte – wenns nach mir ginge – lieber gleich daheim auf Couch bleiben.
Im Grunde denke ich nichts Neues, aber doch eine Erwähnung wert. Die Liste ließe sich an dieser Stelle noch beliebig erweitern, aber ich denke die wesentlichen Dinge sind gesagt.
5. Das Equipment
Zum Abschluss nochmal ein etwas griffigeres Thema. Wenn du Trails laufen willst brauchst du eigentlich nicht viel. Du brauchst nicht zwingend eine Multisportuhr, einen extra entwickelten Laufrucksack oder eine komplette Salomon S-Lab Ausrüstung. Was du dir aber gönnen solltest ist ein für dich passender Trailrunning-Schuh! Herkömmliche Bergschuhe sind schlicht zu schwer und unflexibel um damit zu laufen. Herkömmliche Straßenlaufschuhe mögen bei guter Witterung noch funktionieren. Aber sie sind einfach nicht für nasse Trails gemacht – ganz davon abgesehen, dass dich der galoppierende Verschleiß arm machen wird. Tu dir selbst etwas Gutes und besuche den Sportausrüster deines Vertrauens. Nichts ersetzt eine fundierte Beratung im Geschäft mit einer Anprobe! Ich habe meine Schuhe bei Riap Sport in Bad Reichenhall gekauft. Riesen Auswahl und gut geschultes Personal, das selbst mit der Ware unterwegs ist – das merkt man. Ich flitze auf einem Dynafit Feline SL auf kurzen und mittleren Trails durch die Gegend. Für die längeren Trails habe ich mir einen Montura Beep Beep gegönnt.
Wenn du die Schuhe hast dann rein in die üblichen Sportklamotten, das Smartphone für den Notfall und die Fotos noch irgendwo verstaut und es kann auch schon losgehen mit dem Trailrunning!
Wer gleich auf längere oder höhere Touren startet, für dem gebe ich noch meine übliche Packliste mit auf den Weg.
- Erste-Hilfe Set
- Wasser
- Futter
- Windbreaker
- Tempo/Toilettenpapier (wer lacht, dem wird’s schon noch vergehen 😀 )
- Sonnencreme
- Geld
- (Pfeiffe)
- (Karte)
Das waren also meine 5+ Tipps für dich. Es gäbe noch so vieles mehr zu sagen, aber es macht ja auch Spaß seine eigenen Erfahrungen zu sammeln.
Also, raus mit dir und ab in die Berge!