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Hochfelln über Kohlstatt

Bereits der zweite Blog zum Hochfelln. Der erste ist nun aber schon über ein Jahr alt. Und außerdem: Andere Jahreszeit, anderes Equipment an den Haxn und sowieso gibt es ja nicht nur eine Möglichkeit einen Berg zu erklimmen. Die Aussicht, wie schon im Blog Über die Thorau Almen auf den Hochfelln beschrieben, wird ohnehin niemals langweilig.

Los geht es wieder vom Wanderparkplatz Kohlstatt, auf dem man kostenfrei sein Auto abstellen kann. Die Gemeinde hat hier trotz des imensen Schneefalls Anfang Januar gute Arbeit geleistet und so sind ausreichend Parkplätze vorhanden. Die sind auch notwendig, denn der Hochfelln ist auch im Winter ein hochfrequentierter Berg. Meinem Gefühl nach für Skitourengeher fast mehr als für Skifahrer.

Je nach Schneesituation beginnt die Tour mit der Überquerung einer kleinen Holzbrücke, die sich heute aber eher als Drahtseilakt entpuppt.

Der Schnee liegt so hoch, dass die Brüstung ungefähr auf Höhe des Skischuhs endet. Ein unfreiwilliges Eisbad will ich mir ersparen und watschel in behutsamen Hennadapperl auf die andere Seite. Die ersten Meter führen durch den Wald auf einer engen Spur, auf der auch abgefahren wird. Ich richte den Blick also ein bisschen weiter Voraus, damit ich gegebenenfalls zur Seite ausweichen kann und den Kollegen keinen Schwung raube.

Nach wenigen Metern lande ich auf der ehemaligen Skiabfahrt. Eine 20 bis 30 Meter breite Schneise, die quasi vom Parkplatz bis zur Mittelstation genügend Platz für Aufstieg und Abfahrt bereitstellt. Die Piste führt über die Nordwest-Seite des Hochfelln nach oben. Entsprechend wenig Sonne erreicht den Boden und sorgt immer wieder für wechselnd herausfordernde Verhältnisse. Sein Übriges tut die Steigung, die im Schnitt ungefähr 25° beträgt, an manchen stellen aber schonmal bis 35° ansteigen kann. Wer Spitzkehren unter erschwerten Bedigungen üben will, ist hier genau richtig. Der Rest wird einfach dazu gezwungen 😉

Heute ist der Schnee recht griffig, weshalb ich relativ schnell vorwärts komme. Ich steige am rechten Rand der Piste auf. Mehrmals folgt auf ein Steilstück die Möglichkeit auf der querenden Forststraße kurz innezuhalten. Vor dem letzten Anstieg zur Mittelstation durchschreite ich eine engere, flache Passage. Die letzten Höhenmeter hier haben es nochmal in sich. Dieser Anstieg ist zudem gerne mal ziemlich vereist. Wer sich rechts hält hat die Möglichkeit, ein paar Meter durch den Wald aufzusteigen. Hier ist es meistens etwas einfacher. Dieser Erkenntnis gingen einige Aufstiege unter Fluchen und äußerstem körperlichen Einsatz voraus. Oben angekommen quere ich den Schlepplift und die Bründlingalm hin zur Skipiste.

Nach kurzer Zeit befinde ich mich auf einem schmalen Zieher, der die große Abfahrt mit der Mittelstation verbindet. Nach einer engen Haarnadelkurve schreite ich geradewegs auf die schwarze Abfahrt des Hochfelln zu. Da heute perfekte Sichtverhältnisse herrschen kann ich nun erstmals die imposanten Dimensionen des nordseitigen Kars erblicken.

Rechts wie links türmt sich eine Felswand auf, die der einfallenden Sonne entschieden einen Strich durch die Rechnung macht. Das steile Gefälle tut sein Übriges. Ich checke nochmal kurz den Sitz meiner Felle, mach ein Foto und dann gehts ab. Passen Ausrüstung und Schneeverhältnisse kann man den ersten Hang geradeaus hochgehen. Scheiss auf Spitzkehren!

Mit gleicher Taktik gehe ich in den zweiten Hang. Endboss. Gefühlt 45° Hangneigung, Eis, eine steife Brise lässts drohendes Unheil erahnen. Der Adrenalinrausch aber ist zu stark und außerdem läuft die Uhr. Entschlossen setze ich mich in Bewegung. Die ersten Meter gehen noch gut, aber dann werde ich langsamer. Oh Gott, so steil. Widerwillig gestehe ich mir ein, dass die Schwerkraft auch für mich gilt und drehe etwas ab. Die gewonnene Energie muss ich aber sofort bei der nächsten Spitzkehre wieder einbringen. Voller Körpereinsatz – und – RATSCH! Der Wille war stark, aber das Material war schwach. Der Haken an der hinterseite meines Fells ist gerissen. Mitten im Hang. Wenn ich jetzt wegrutsche komme ich frühestens Anfang April zum Stillstand 😉
Irgendwie gelingt es mir, mich meiner Ski zu entledigen ohne ihnen einen wehmütigen Blick bei der Soloabfahrt ins Tal hinterschicken zu müssen. Stattdessen landen sie im dafür vorgesehen Platz am Rucksack. Ich gehe also zufuß die letzten 15 (?!) Höhenmeter. Der Sieg wäre so nah gewesen…

Alles egal jetzt. Die Sonne scheint als würde Zeus höchstpersönlich den Olymp betreten. Das Panorama ist schon jetzt der Hammer, dabei bin ich noch nicht einmal am Ziel.

Auf dem letzten Osthang ist es gefühlt 25 Grad wärmer als noch vor einer Minute in der Scharte. Nach wenigen Minuten erreiche ich die Tabor Kapelle, wohl eines der bekanntesten Fotomotive des Chiemgaus. Gut 1h30m war ich unterwegs. Etwas über 4 km und fast 1000 hm hat die Tour. Doch bei bestem Wetter ist der Ausblick wirklich nicht leicht zu übertreffen. Auch die Kapelle legt diesen Winter nochmal ein sehr extravagantes Aussehen an den Tag.

Nachdem ich mich wieder etwas beruhigt habe, genug Fotos geschossen und natürlich auch Zeit gefunden habe den Augenblick ausgiebig zu genießen gings dann wieder Talwärts. Die Abfahrt entspricht exakt dem Aufstieg. Die obere Hälfte kann man in der Regel auf einer tippitoppi präparierten Piste abfahren. Hälfte zwei hängt natürlich vom Wetter und weiteren Gegebenheiten ab. Wer weiß, wie unpräparierte Pisten nach ein paar Wochen Winterspaß aussehen und sich anfühlen, wird auch hier keines besseren belehrt. Trotzdem eine empfehlenswerte Tour, maßgeblich beeinflusst durch das phänomenale Panorama!

 

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