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Ab zur Agnes

Ein schwüler Sommertag im Juni, meine meteorologischen Kenntnisse und falsches Timing – das wird wohl die Quintessenz dieser Tour sein.

Freitag Nachmittag, 15 Uhr. Die Arbeit ist erledigt und das Wetter ist auf absehbare Zeit irgendwo zwischen „das verzieht sich schon“ und „Apocalypse now“. Was also tun? Dass ich mich sportlich betätige steht außer Frage, nur will die Route wohl überlegt sein. Natürlich soll sie abwechslungsreich, spannend, laufbar sein. Aber sie sollte gleichzeitig auch in der Länge variabel sein. Bessert sich das Wetter will ich beliebig erweitern können. Anders herum sollte ich mir auch die Möglichkeit offen halten können jederzeit schnell wieder unten zu sein. Nun ja, bis auf den letzten Punkt bietet die Tour zur Steinernes Agnes und anschließend weiter zum Karkopf eigentlich alles. Bei hereinbrechendem Gewitter kann man dann aber gar nicht schnell genug unten sein – aber dazu später mehr.

Ausgangspunkt ist der Parkplatz „Schlafende Hexe“ circa 500 Meter nach dem Bahnübergang Hallthurm auf der rechten Seite. Dort angekommen wird nochmal kurz die Ausrüstung gecheckt

Nicht allzu viel stellt vielleicht manch einer fest. Ja, ich wollte leicht sein und ohne Rucksack auskommen. Also los gehts – auf ins Lattengebirge

Auf den ersten gut 500 Metern gehts mäßig steil auf einer Forststraße dahin, was ganz gut ist um ein bisschen auf Touren zu kommen und einen ersten Blick auf die Tagesform zu werfen. Danach zweigt der Weg nach rechts ab – die Beschilderung weißt hier neben der Steinernen Agnes auch zur Schlafenden Hexe. Ab hier führt der Weg uns über einen schönen Trampelpfad langsam an den Berg heran. Mit der Zeit werden kleine Stufen zu Größeren und die Serpentinen werden zahlreicher. Der Aufstieg ist wunderbar abwechslungsreich, führt durch Mischwald und über verschiedenste Untergründe. Sogar eine kleine „Aussichtsplattform“ (Foto weiter unten) konnte Mutter Natur integrieren.

Nach etwa 35 Minuten verzweigt sich der Weg. Geradeaus weiter gehts zur Agnes. Wer nach rechts oben abbiegt landet auf dem … ja wo denn eigentlich?
Ein Gipfel – vier Namen: Signalkopf, Mittlerer Rotofen, Busen (der schlafenden Hexe), Bayerischer Löwe. Suchts euch aus 🙂
Ich bleibe natürlich meinem anvisierten Ziel treu und laufe weiter gerade aus. Und was soll ich sagen…

Diese Querpassage ist einfach traumhaft! Auf den anderthalb Kilometern gehts zwar insgesamt nur 50 Meter bergauf, trotzdem ist es eine ständige Berg- und Talfahrt. Und trotzdem ist fast alles wunderbar zu laufen! Mit steigender Euphorie ertappe ich mich wie ich langsam aber sicher immer schneller werde und irgendwann mit wahnsinniger Geschwindigkeit (Spaceballs anyone?!) über Stock und Stein rausche. In nullkommanix bin ich an der Steinernen Agnes bzw. etwas unterhalb. Die Zielgerade muss man nämlich auf allen Vieren beschreiten. Vielleicht gibt es einen anderen/besseren Weg sich von unten an … die … Agnes heranzumachen – Ok das kommt irgendwie komisch rüber. Nun gut – es sind wirklich nur ein paar Meter und man ist auf Augenhöhe mit dieser Schönheit der Natur. Die Felsformation ist durch die Verwitterung unterschiedlicher Gesteinsarten entstanden. Aber irgendwie hatte ich mir das Ding größer vorgestellt 😀

Nichtsdestotrotz ist das immer noch ein ziemlich geiler Flecken Erde! Auch die Aussicht in Richtung Berchtesgaden ist gut und lässt mich für einen kurzen Moment meine größte(n) Sorgen vergessen – das Wetter. Wie auf den Bildern ersichtlich scheint zwar die Sonne, rings herum hat sich aber nichts getan. Ich bin leider immer noch „hungrig“ und will hier noch nicht umkehren. Schließlich stehen ein paar Meter unter mir die tollen gelben Schildchen auf denen mir noch mehr Spaß versprochen wird!

Weiter gehts also in Richtung Karkopf. Zunächst gehts noch ein paar Meter in gleicher Manier weiter – flach, 1-spurig, abwechslungsreich – ein Trail wie er im Buche steht!
Anschließend leitet eine kleine Lichtung zum Aufstieg ein.

Nach dem kurzen aber knackigen Anstieg finde ich mich in einem Talkessel zwischen Karkopf und Dreisesselberg wieder. Ebenfalls ein wunderbarer Ort. Hier wachsen die Latschen auf ungefähr 2 Meter Höhe an und der Trail schlängelt sich leider viel zu kurz durch das Tal.

Danach wirds wieder steiler und felsiger – schwierig oder gefährlich wirds aber nie.

An der nächsten Abzweigung stehe ich nun vor der Wahl. Links gehts zum Karkopf, rechts gehts auf den Dreisesselberg. Beide Gipfel liegen nicht weit voneinander entfernt. Zum Dreisesselberg sind es gut 5 Minuten, zum Karkopf habe ich circa 10 Minuten gebraucht. Da sich eigentlich die gesamte Tour auf der Südost-Seite des Lattengebirges befand und das Wetter bei uns ja aus nordwestlicher Richtung kommt war ich eigentlich die meiste Zeit im „blindflug“ unterwegs. An der Abzweigung bin ich das erste Mal in der Tour über den Kamm gekommen und habe freie Sicht erhalten.

Und wieder:

Jetzt aber schnell!

Auf den letzten Höhenmetern gebe ich nochmal richtig Gas – schließlich will ich möglichst nicht auf 1738 Meter (Karkopf) in ein Gewitter geraten. Ein Gipfelselfie und ein Selfie an meine Mama (mit der Antwort in Trostberg gehe bereits seit 20 Minuten die Welt unter) später mach ich mich auch schon für den Abstieg bereit.

Kurz unterhalb des Gipfels wird mir dann endgültig klar, dass ich es wohl nicht trockenen Fußes ins Ziel schaffen werde.

Das, was sich hier von links ins Bild schiebt, ist eine Gewitterfront die gerade über Bad Reichenhall hereinbricht. Mein Blick sieht nicht mehr allzu entspannt aus 😀
Für den Aufstieg habe ich 1h40m gebraucht. Wenn ich nur halb so lange runter brauche erwischt mich das Teil noch ziemlich hoch oben. Und wer gesunden Respekt vor Gewittern in normaler Höhe hat der möchte in keines auf 1400 metern Höhe geraten – glaubt mir! Nur eines wäre noch beschissener als ins Gewitter zu geraten. Stürzen und dann verletzt im Gewitter bewegungsunfähig rumzulungern 😀
Also heißt es zwar schnell, aber auch sicher zu laufen! Lets go!

Das kann nichts Gutes bedeuten

Ich bin schon eine Zeit lang unter ständigem Donnergrollen in der Ferne gelaufen und ungefähr auf Höhe der Abzweigung zur schlafenden Hexe als es passiert. Unweit von mir muss ein Blitz eingeschlagen haben, denn der nachfolgende Donner hebt mich fast von den Füßen … Holy Crab! Zum Glück gehts jetzt endlich mal nach unten. Aber nur Sekunden nach dem Donner aus der Hölle werde ich von Platzregen aus der Hölle „überrascht“. Selten solch große Tropfen erlebt. Meine Salomonjacke kapituliert nach circa 3 Sekunden und klebt einfach nur an meinem Körper – dafür wurde das gute Stück auch nicht gemacht. Mit jeder Minute die vergeht entwickelt sich der Trail mehr und mehr zu einem reißenden Flussbett. „Irgendwie cool“ denke ich mir bevor mir wieder bewusst wir was hier abgeht 🙂

Nach gut einer Stunde bin ich dann wieder am Auto. Ausgepowert, klatschnass und erleichtert! Trotzdem hatte ich, bis auf den kurzen Moment als mir der Himmel auf den Kopf gefallen ist, eigentlich nie Angst oder das Gefühl die Kontrolle zu verlieren. Etwas mulmig war mir schon – klar. Aber nur bei strahlendem Sonnenschein zu starten ist ja irgendwann auch reizlos 😀

Fazit: Eine superschöne Tour, die sich auch ad hoc beliebig gestalten lässt. Bei unsicherem Wetter schwierig einzuschätzen, da man das Wetter eigentlich nie im Blick hat

 

 

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